Beim STEMI findet sich in der Akutphase vor allem die klassische ST-Streckenhebung. Es gibt jedoch bestimmte Krankheitsbilder, die ST-Hebungen kaschieren oder vortäuschen können. Diese werden als STEMI-Äquivalente bezeichnet. So liegt z.B. beim Linksschenkelblock keine Ischämie vor. Dennoch treten bei den Schenkelblöcken meistens Erregungsrückbildungsstörungen auf. Daher wurden bestimmte Kriterien definiert, anhand derer sich ein Verdacht auf eine Ischämie ableiten lässt.
Linksschenkelblock:
Bei einem Linksschenkelblock kommt es aufgrund der veränderten Erregungsausbreitung auch zu einer veränderten Erregungsrückbildung. Im Gegensatz zu einem Rechtsschenkelblock ist ein Linksschenkelblock immer pathologisch und führt zu deutlichen Erregungsrückbildungsstörungen.
Bei einem STEMI können die ST-Hebungen daher durch die Schenkelblock-bedingten Erregungsrückbildungsstörungen maskiert oder falsch gedeutet werden. In den Ableitungen V1 und V2 kann es zu ST-Hebungen kommen und in V5 und V6 zu ST-Senkungen.
Da es bei einem akuten Myokardinfarkt auch zu einer Nekrose des Reizleitungssystems kommen kann, sollte ein neu aufgetretener Linksschenkelblock + Symptomatik wie ein STEMI behandelt werden.
Sgarbossa-Kriterien:
Wenn keine Vor-EKGs vorliegen, ist es leider nicht immer ganz klar, ob der Patient bereits zuvor einen Linksschenkelblock hatte oder ob dieser neu aufgetreten ist. Im Zweifel sollte der Schenkelblock als neu bewertet werden. Da der Linksschenkelblock die ischämietypischen Veränderungen überlagern kann, wurden die sogenannten Sgarbossa-Kriterien entwickelt, die eine Ischämie bei einem Linksschenkelblock aufdecken können.
Modifizierte Sgarbossa-Kriterien:
Das erste Kriterium ist eine ST-Hebung oder Senkung in den Ableitungen V1, V2 und oder V3 von über 1 mm, die diskordant und über 25% hoch oder tief im Vergleich zur vorherigen S- oder R-Zacke ist.
Eine ST-Senkung über 1 mm in den Ableitungen V1, V2 und oder V3 wird ebenfalls als ischämieverdächtig bewertet.
Eine ST-Hebung über 1 mm in V4, V5, V6, I oder aVL bei gleichzeitig positivem QRS-Komplex ist das dritte Kriterium.
Neben einem Linksschenkelblock können auch eine linksventrikuläre Hypertrophie und ein Schrittmacher mit ventrikulärer Stimulation zu einer Veränderung der Erregungsrückbildung führen. In diesen Fällen sind ST-Streckenveränderungen nur noch eingeschränkt beurteilbar.
Bei diesen Krankheitsbildern empfiehlt es sich, das aktuelle EKG mit den Vor-EKGs zu vergleichen, um Veränderungen identifizieren zu können.
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