Hyperkaliämie ein Notfall? 🚨

Es ist 7:30 morgens und du wirfst mit einer Tasse Kaffee einen Blick auf die Laborwerte deines Patienten Herr Müller.

Herr Müller stellte sich aufgrund eines Durchfalls und Abgeschlagenheit vor. Durch den Durchfall verpasste Herr Müller seinen Dialysetermin vorgestern 🥴

Einige Werte leuchten rot auf, unter anderem der Kaliumwert, er ist zu hoch!
"Ach ist doch nur ein Elektrolyt und unwichtig"
sagt der Praktikant, der dir über die Schulter schaut.

Doch stimmt das wirklich?

Auf was sollte man bei einer Hyperkaliämie achten?

Kalium ist ein sehr wichtiges Elektrolyt und spielt eine zentrale Rolle in vielen Prozessen im Körper.

Der Kalium-Wert sollte insbesondere bei Herz- oder Nieren-kranken Patient:innen regelmäßig überprüft und im Normbereich gehalten werden, da eine Hypo- oder Hyperkaliämie zu lebensgefährlichen Herzrhythmusstörungenführen kann 🚨

 

Hyperkaliämie Ursachen

Bilanzstörung:

Bei einer verminderten Kaliumausscheidung oder einer übermäßigen Zufuhr kann es zu einer Hyperkaliämie kommen.

Renal: akute und chronische Nierenschädigung
Endokrin: Hypoaldosteronismus, Hypocortisolismus, Insulinmangel
Medikamentös: Heparin, kaliumsparende Diuretika (z.B. Spironolacton), ACE-Hemmer, NSAID, Lithium, Digitalisglykoside
Übermäßige Zufuhr: Bananen, Trockenfrüchte
Erhöhte Freisetzung: Rhabdomyolyse, Hämolyse, Tumorlyse

 

Umverteilung

Kalium wird gegen H+-Ionen ausgetauscht. Eine Hyperkaliämie kann daher im Rahmen einer Azidose vorliegen. Es liegt jedoch keine echte Hyperkaliämie vor, sondern lediglich eine Umverteilung. Bei einer Korrektur des pH-Wertes kommt es ebenfalls zu einer Korrektur des Kaliumwertes.

Tipp 💡

Bei der Beurteilung des Kalium-Wertes solltest du immer auch den pH-Wert beurteilen, da sich diese gegenseitig beeinflussen.

 

Hyperkaliämie
.

Der Klassiker:
die Fehlmessung

Ein häufiger Grund für eine Hyperkaliämie ist eine fehlerhafte Messung. Bei zu langen Stauzeiten im Rahmen der Blutentnahme kommt es zu einer Hämolyse und somit einer Freisetzung von Kalium aus den Erythrozyten.

Tipp 💡

Bei schwierigen Venenverhältnissen kannst du, nachdem du eine geeignete Vene gefunden hast, den Stauschlauch kurz öffnen, um frisches Blut nachfließen zu lassen. Anschließend kannst du nach einer möglichst kurzen Stauzeit und ohne die Vene zu beklopfen das Blut abnehmen.

 

Arterielle BGA

Symptome

• Hypopolarisation ➜ erhöhte neuronale Erregbarkeit durch erleichterte Depolarisation
• Muskelschwäche, Muskelzuckungen
Parästhesien bis hin zu Paresen sind möglich (durch eine beeinträchtigte Repolarisation insbesondere bei einer langanhaltenden Hyperkaliämie)
Bradykardien, Sinusarrest und Kammerflimmern sowie Herzstillstand möglich

 

Labor:

Kalium im Serum: möglichst kurz stauen und kurz lagern aufgrund einer Pseudohyperkaliämie (falsch-hohe Kaliumwerte)
Kalium im Urin: zur Differenzierung zwischen einem renalen und extrarenalen Kaliumverlust
Weitere Serum-Elektrolyte: Natrium, Magnesium, Calcium, Phosphat, Chlorid
Kreatinin, Harnstoff
BGA: Säure-Basen-Status

Hyperkaliämie

Plötzlich fällt dir am EKG-Monitor des Patienten ein merkwürdiges EKG auf:

 EKG Hyperkaliämie

 

 Wie bewertest du das dargestellte EKG?

Bewertung:
Das EKG weist eine unregelmäßige Herzfrequenz von ca. 40 Schlägen pro Minute auf. Es liegt somit eine Bradykardie vor. Es besteht ein regelmäßiges Sägezahnmuster. Somit liegt ein Vorhofflattern vor. Es besteht ein Linkslagetyp. Der QRS-Komplex ist mit ca. 150 ms. verbreitert. In der Ableitung V3 liegt eine geringgradige ST-Streckenhebung vor. Es bestehen keine regionär zuordbaren signifikanten ST-Streckenhebungen. In den Ableitungen V1 bis V3 liegen hohe und spitze T-Wellen vor. In den anderen Ableitungen sind T-Wellen nicht genau abgrenzbar bzw. negativ.

Das EKG ist typisch für eine ausgeprägte Hyperkaliämie:

• Verbreiterter QRS-Komplex >110 ms.
Hohe und spitze T-Welle
• ST-Streckenveränderungen mit einer ST-Streckensenkung und einer Verschmelzung der ST-Strecke und der T-Welle sind möglich
Bradykardie, ventrikuläre Tachykardie, Asystolie und pulslose elektrische Aktivität möglich

Liegen bei einer Hypo- oder Hyperkaliämie neue EKG-Veränderungen vor, ist dies als Notfall zu bewerten.

 

EKG lernen

 

Hyperkaliämie Therapie

 

An welche therapeutischen Möglichkeiten solltest du denken?

Fehlmessung (zu lange Stauzeit oder zu lange Lagerung) ausschließen ➜ ggf. erneute Messung oder arterielle Punktion

Leichte Hyperkaliämie (>5,2 mmol/l):
Kaliumarme Ernährung (maximal 2500 mg/Tag)
Medikamente auf Hyperkaliämie-Risiko prüfen (z.B. Mineralocorticoidrezeptorantagonisten wie Spironolacton)
Ggf. Kalium-senkende Medikamente ergänzen: z.B. bei einer Therapie mit einem ACE-Hemmer Hinzunahme eines Thiazid-Diuretikums
Ggf.Kationenaustauscherharze
Ausreichende Hydratation

Mittelgradige (6,0-6,4 mmol/l) und schwere (>6,5) Hyperkaliämie:
Kaliumverschiebung nach intrazellulär:
Glucose-Insulin
ß-Sympathomimetika inhalativ: z.B. Salbutamol
Bei metabolischer Azidose oder Reanimation: Natriumbicarbonat 8,4%
Kaliumelimination:
Furosemid: NaCl 0,9% mit Furosemid als Infusion über 2 Stunden
Kationenaustauscher: z.B.Polystyrol-Präparat ➜ keine Dauertherapie und Gabe mit Lactulose, um Obstipationen und einem Ileus vorzubeugen
Hämodialyse: bei fortgeschrittener Nierenschädigung, Oligurie, ausgeprägten Hyperkaliämien, Therapieversagen der zuvor dargestellten Maßnahmen, EKG-Veränderungen
Bei schweren Hyperkaliämien/EKG-Veränderungen: Membranstabilisierung zur Kardioprotektion mit Calciumgluconat

 

Herr Müller erhielt notfallmäßig eine Dialyse und erholte sich 👨🏼‍🌾

Herr Müller hat eine terminale Niereninsuffizienz und benötigt eine regelmäßige Dialyse. Aufgrund seiner verpassten Dialyse vor zwei Tagen ist es zu einer ausgeprägten Hyperkaliämie gekommen. Die Therapie besteht somit in einer notfallmäßigen Dialyse. Bei einer ausgeprägten Hyperkaliämie sollte bis zur Kaliumelimination/Normalisierung des Kaliumspiegels durch die Dialyse auch eine der oben beschriebenen medikamentösen Maßnahmen erwogen werden, um Zeit zu gewinnen. 

Dank deines schnellen Handelns erhielt Herr Müller die richtige Therapie und konnte notfallmäßig dialysiert werden. Sein Zustand verbesserte sich erfreulicherweise 😁👨🏼‍🌾

 

Wir hoffen du konntest etwas lernen 😁
Dein Team Medi Know 🖤

 

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